FBI National Academy (USA) 2016

Woche 1

Die Anreise

Die letzten Tage in Deutschland waren trotz der langen Vorlaufphase vor allem von unzähligen administrativen Angelegenheiten, letzten Besorgungen und Abklärungen geprägt. Luftlinie rund 6.500 Km zwischen meinem aktuellen Aufenthaltsort sowie meiner Familie wie auch meiner Dienststelle lassen eine ad hoc – Anreise selbst in höchster Not kaum zu – ich hoffe, dass es nicht notwendig wird, sich hierüber ernsthafte Gedanken zu machen. Ich freue mich auf den Aufenthalt in den USA, ein letztes Maß an Ungewissheit folgt mir indes wie ein ständiger Schatten.

Ebenfalls sehr aufwändig gestaltete sich die Übersetzung zahlreicher Standardvorträge, die in das Englische zu transferieren waren: Basics der Polizeien in Deutschland und natürlich Baden-Württemberg, Aus- und Fortbildung, Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Verhandlungsgruppen — insgesamt weit über 100 Folien.

Am 08.01.2016 habe ich am Nachmittag meine Koffer gepackt, knapp drei Monate Abwesenheit verlangen nach einer guten Logistik: Streuartikel zur Repräsentation von Polizei / Land / Bund, Uniformteile, Sportkleidung, persönliche Gegenstände, Elektronik – Alles will verstaut sein, zur Verfügung stehen hierfür maximal zwei Koffer und 46 Kilogramm. Den letzten Abend in Deutschland haben wir als Familie genossen – Selbige hat mich am 09.01.2016 dann auch nach Frankfurt begleitet, wo die Boeing 737-8I nach Washington um kurz nach 13:00 Uhr pünktlich abhebt. Nach einem angehmen Flug und rund acht Stunden landet die Maschine um ca. 15:30 Uhr Ortszeit dann auf dem Washington-Dulles International Airport. Einschließlich Homeland Security – Abfertigung, Gepäckabholung und Zoll stehe ich um 17:15 Uhr vor meinem Taxifahrer, der mich nach rund 80 Minuten sicher auf der Marinebasis in Quantico abliefert. Zeitgleich mit mir treffen zahlreiche weitere Internationals ein, sodass ein erster Austausch bereits beim Check-In zustande kommt. Die Doppelzimmer sind zweckmäßig ausgestattet, unseres verfügt neben einem Fernseher sogar noch über einen hinterlassenen Kühlschrank. Der Platz ist jedoch außerordentlich limitiert und es ist schwer, sich zumindest ein wenig Privatsphäre zu verschaffen. Ich habe den Schreibtisch zu einem Raumteiler umgebaut und die Möblierung ein wenig umgestaltet – hoffentlich ist mein mir noch nicht bekannter Roommate damit einverstanden. Was zu erwarten war: Die nicht regulierbare Klimaanlage läuft 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche, dafür lassen sich die Fenster nicht öffnen 🙂 …

Nach dem Auspacken / Einrichten endet der Abend mit einem Feierabendbier, meinen wie erwähnt zum Teil bereits ebenfalls angereisten Mitstreitern aus der ganzen Welt sowie einem der fünf Session-Counselors (Keith aus Knoxville) sehr gemütlich im Boardroom, der mit diversen Fernsehern (American Football aus vier Richtungen 🙂 ), Billardtischen, Bar und Tischtennisplatte gut ausgestatt ist. Bei den so genannten Counselorn handelt es sich um arrivierte FBI Special Agents, die während der National Academy nach Quantico abgeordnet werden und die Betreuung des Jahrgangs übernehmen (Administratives, Menschliches, Problematisches und allerlei mehr), der in insgesamt fünf Sections unterteilt ist.

Ein intensives Gesprächsthema mit den Kollegen (neben einem ersten fachlichen Austausch) – man mag es kaum glauben – sind die Flüchtlingskrise, deren Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland und die jüngsten Ereignisse in Köln, die man nicht nur in Europa sondern auf der ganzen Welt zur Kenntnis genommen hat.

Erstes Fazit: Bisher hat alles gut geklappt, ich bin heil angekommen (ich vermisse allerdings einen Ordner, der vermutlich im Taxi liegengeblieben ist und nun irgendwo quer durch Virginia fährt – so habe ich heute und morgen schon eine besondere Zusatzaufgabe). Der im Vorfeld durch viele Erzählungen angedeutete „Spirit“ der NA und der entstehende Zusammenhalt sind sofort spürbar, da wir alle dasselbe Problem haben: Von der Heimat trennt die Internationals für lange Zeit in der Regel entwender der Pazifik oder aber der Atlanik.

Eine erste Begehung des Geländes mit Keith ist für den 10.01.2016 vorgesehen, ich berichte nach.

Begrünung auf dem Weg zur FBI Academy in Quantico.

Die ersten Tage in Quantico

10.01.2016

Glück muss man haben! Nachdem ich mir Jetleg-geplagt die halbe Nacht um die Ohren gehauen und die weitläufigen Gebäude mit meinem neuen japanischen Freund Tomo erforscht habe, laufe ich um 08:30 Uhr vor dem Aufzug Special Agent Joshua „Josh“ Mayers aus Wisconsin in die Arme, der mich sofort stürmisch begrüßt – und siehe da: Er ist praktischerweise Counselor der Section 2, der auch ich zugeordnet bin. Und da es mir inzwischen nach endlosen Telefonaten auch gelungen ist, den Fahrer des Taxis zu ermitteln, in dem mein Ordner durch Virginia gondelt, packt mich Josh kurzerhand in seinen Truck und wir fahren nach Washington-Dulles an den Flughafen (hin und zurück sicher rund 150 Kilometer), um der Taxizentrale einen Besuch abzustatten. Dort kann ich meinen heiß und innig vermissten Ordner tatsächlich wieder in Empfang nehmen und es entwickeln sich viele interessante Gespräche zwischen meinem Counselor und mir (Organized Crime in the US, Counter Terrorism, Familiäres, Gemeimsamkeiten/Unterschiede in der Ausbildung und vieles mehr).

Gegen Mittag sind wir wieder zurück in Quantico, wo ich mir zunächst ein auf der endlos weiten Marinebasis funktionierendes Prepaid-Smartphone beschaffe. AT&T versagt dort auf ganzer Linie, während Verizon eine wirklich gute Netzabdeckung bietet – Allerdings nicht mit GSM sondern mit dem in Europa nicht verbreiteten CDMA-Standard. Folge: Die mitgeführte Technik von Apple und Samsung ist diesbezüglich nicht zu gebrauchen, es bedarf amerikanischer Hardware 🙁 – Für einen ob der Dauer meines Aufenthaltes in den USA annehmbaren Preis werde ich schließlich fündig und bin nun stolzer Besitzer eines amerikanischen Smartphones nebst korrespondierender SIM-Karte. Den Rest des Nachmittages führt mich Josh in die Geheimnisse der Academy ein, der Tag schließt mit fünf Meilen auf dem Laufband sowie dem spektakulären Abendbuffet, das hier nun schon zum zweiten Male gereicht und durch das FBI für alle Teilnehmer an der NA bezahlt wird. Noch nie habe ich bei gleich welcher Polizei in Europa auch nur annähernd vergleichbares erlebt.

Trotz der Tatsache, dass parallel zur NA heute weitere rund 250 FBI-Rekruten ihren Vorbereitungsdienst an der Academy angetreten haben (mutmaßliches Rubrum: „How to become a Special Agent within five months…“), ist die Organisation bis ins letzte Detail durchdacht, an keiner Stelle entstehen Friktionen oder Wartezeiten. Man merkt: Die Behörde hat inzwischen mehr als 100 Jahre Erfahrung. Der Ort insgesamt ist für einen Kriminalisten sehr geschichtsträchtig, überall befinden sich Reminiszenzen an J. Edgar Hoover und die großen Ermittlungen des FBI der vergangenen Jahrzehnte (bis hin zu einem 9/11 – Memorial, in welchem zum Gedenken an die Opfer der Angriffe u. a. Originalteile des World Trade Centers sowie der durch die Attentäter des 11. September in Shanksville/Pennsylvania zum Absturz gebrachten Boeing 737-200 verbaut wurden).

An der Einfahrt zur FBI Academy auf der Marinebasis in Quantico.

11.01.2016

Und nochmal Glück gehabt! Nachdem ich schon fast davon ausgegangen war, keinen Roommate zu bekommen, fliegt um 12:45 Uhr die Tür auf und Jeremy Edge aus Houston / Texas steht vor mir. Er ist 32 Jahre alt und Supervising Officer auf einem Polizeirevier (bestehend aus 50 Mann / Frau) außerhalb von Houston.

Wir verstehen und auf Anhieb prächtig, er hat ebenfalls zwei Töchter, von daher sprechen wir trotz seines breiten Texanisch in den wesentlichen Dingen dieselbe Sprache. Er ist den Weg (über 1.600 Meilen) in drei Etappen hierher gefahren – mit einem beeindruckenden Truck, der 400 PS hat und im Durchschnitt 20 Gallonen pro 100 Meilen verbraucht (…bitte ggf. selber umrechnen). Ich helfe ihm dabei, sein Auto zu entladen und auch hier erkenne ich auf den Rücksitzen und in den Seitenaufbewahrungen deutlich, dass er so wie ich mit vielen noch sehr jungen Frauen in einem Haushalt lebt 🙂 …

Doch der Reihe nach: Zuvor bin ich abermals pünktlich um 03:30 Uhr aufgewacht und bekomme kein Auge mehr zu. Anders als letzte Nacht schlafe ich zwar nochmals ein, werde am Morgen jedoch von den Mitbewohnern nebenan, mit denen wir uns das Bad teilen, geweckt. Die Vierer-WG ist damit komplett: Chris aus Washington (State), David von der Miami Beach Police, Jeremy aus Texas und ich werden die nächsten knapp drei Monate Tür an Tür bzw. zusammen wohnen.

Um 08:30 Uhr ist die offizielle Akkreditierung, danach erfolgt die Ausgabe der NA-Uniformen. Modisch „zeitlos“ aber von höchster Qualität ist auch hier wieder alles perfekt und bis in das letzte Detail durchorganisiert. Die noch aus Deutschland erfolgte Pre-Order der Uniform bewährt sich und ich muss lediglich die Hosen umtauschen, die mir viel zu groß sind. Nach und nach reisen die Studenten aus den verschiedenen US-Bundesstaaten an und man kommt sofort mit jedem ins Gespräch. Da ich meine Uniform schon sehr früh in den Händen halte, nutze ich die Gelegenheit, alles zunächst mal durchzuwaschen. Aus Erzählungen früherer Absolventen weiß ich, dass die Waschmaschinen stets heiß begehrt sind. Um 11:30 Uhr gehe ich zum Mittagessen — zusammen mit gefühlten 500 anderen NA-Teilnehmern und dem kompletten FBI SA – Jahrgang, aber auch das klappt vollkommen problemlos.

Das erste offizielle Meeting startet um 18:00 Uhr in den so genannten Homerooms der einzelnen Sections, zuvor laufe ich am Nachmittag noch fünf Meilen auf dem Laufband. Um 18:15 Uhr erfolgt die Begrüßung durch den Stab der NA und Jeffrey McCormick, den Acting Unit Chief und damit gesamtverantwortlich für die NA. Meine Section besteht aus insgesamt 41 Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mich nicht verzählt habe. Da mir der genaue Überblick über alle nun definitiv 26 Internationals noch fehlt, kann ich deren Anzahl in der Section nicht genau benennen, erkannt habe ich auf jeden Fall mal Griechenland (Apostolos sitzt genau vor mir) und Lesotho. Counselor Josh erläutert einige allgmeine Dinge, danach bewegen sich die 231 Studenten der 263. Session in das Auditorium, wo Jeff McCormick neben der allgemeinen Begrüßung insbesondere auch auf die Bedeutung und die Rolle der Internationals – die sogleich mit einem International Student Schedule versehen werden (ein Überblick über die repräsentativen Aufgaben und Sonderanlässe) – fokussiert. Der Abend klingt gemütlich aus mit College Football. Hoffentlich kann ich heute besser schlafen, morgen beginnen – bereits um 07:30 Uhr – die letzten administrativen Obliegenheiten in den Sections (persönliche Vorstellung, Verteilung verschiedener Aufgaben, ggf. Kurstausch), der reguläre Vorlesungsbetrieb startet am Mittwoch.

12.01.2016

Erste Erkenntnis des Tages: Gute Vorbereitung ist alles! Jeremy und David (aus dem Nachbarzimmer) duschen immer bereits am Abend, dies spart morgens erheblich Zeit und entzerrt die Situation im Bad. Der Tag beginnt mit einem guten Frühstück und geht dann erstmalig um 07:30 Uhr los, damit schwenkt der Jahrgang allmählich auf die kommenden Wochen ein. Zunächst bedarf es der Erledigung weiterer administrativer Angelegenheiten (Benennung Notfallansprechpartner, schriftliche Anerkennung der FBI-Rules, Wahl verschiedener Representatives u. Ä.), um 08:00 Uhr begrüßt neben Assistant Director der FBI Training Division Mark A. Morgan (als bislang höchster Repräsentant) eine Vielzahl weiter Stabsmitarbeiter der NA den Jahrgang (u. a. der hauseigene Arzt sowie der konfessionsübergreifend tätige Geistliche).

Wieder zurück erfolgt eine weitere der bereits jetzt unzähligen Vorstellungsrunden, dieses Mal innerhalb der Section. Es entbreitet sich ein geographischer (von Hawaii bis New York City) und beruflicher (vom Sheriff bis zum K 4-Leiter aus Deutschland) Fächer, der mir immer klarer werden lässt, welch mächtiges Netzwerk im Bereich Law Enforcement sich hier erschließt. Nachdem ich noch eine kleine Veränderung an meinem Curriculum vorgenommen habe, die auch tatsächlich angenommen wird, stellt der Präsident der FBI NA Associates (FBINAA) am Nachmittag das inzwischen weltumspannenden Netzwerk der NA-Alumni vor. Dies verbindet er spielerisch mit einem kleinen Ratespiel, bei dem ich mit der richtigen Antwort auf die Frage nach der Größe der 1. Session im Juli 1935 tatsächlich etwas sinnvolles und die Session erheiterndes beitragen kann (Zweite Erkenntnis: Siehe erste Erkenntnis… :-). Am Ende stehe ich in Form einer Power-Bank mit einem netten FBINAA-Gadget da, das ich hier wirklich gut gebrauchen kann.

Nachdem auch die Tag und Nacht geöffnete Bibliothek besichtigt ist, bereite ich meinen Spind für das morgige Fitness-Assessment vor. Getestet werden Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer sowie die für eine Meile benötigte Zeit. Jeder, der die Yellow-Brick-Road am 09.03.2016 absolvieren möchte, darf hierfür längstens 9 Minuten und 35 Sekunden benötigen (ich werde natürlich berichten).

Ab 17:00 Uhr findet das offizielle Welcome Dinner der NA statt, dessen Qualität und und Ausgestaltung einem erneut die Schamesröte ins Gesicht treibt. Ich sitze u. a. mit Michael Trice (Hanover County Sheriffs’s Office) sowie Scott Recchio (United Stats Marshals) am Tisch und es entspannt sich ein Gespräch, das letztlich vom Unit Director unterbrochen wird, der uns lachend darauf hinweist, dass der gesamte Jahrgang den Veranstaltungsort bereits verlassen hat. Die Themen erstrecken sich von Vermögensabschöpfung, Lebensarbeitszeiten (für die amerikanischen Kollegen sind Lebensarbeitszeiten nach dem deutschen Modell undenkbar und führen zu ungläubigem Staunen), Führungsproblemen im Alltag eines Supervisors abermals bis zu den Vorkommnissen in Köln, die inzwischen nicht nur in Amerika angekommen sind sondern landesweit diskutiert werden.

Der reguläre Vorlesungsbetrieb startet morgen um 07:30 Uhr, ich bin gespannt.

Vorlesungsbeginn und International Welcome Dinner

13.01.2016

Am 13.01.2016 beginnen um 07:30 Uhr die regulären Vorlesungen, zunächst mit Leading At-Risk Employees und gehalten durch Supervising Special Agent Michael VanMeter. Der Kurs besteht aus rund 30 Studenten, darunter mit mir insgesamt vier Internationals. Inhaltlich steht die Führung problembehafteter Mitarbeiter im Fokus, wobei nach dem Verständnis der NA hier eine erhebliche Bandbreite denkbar ist (Alkoholmissbrauch, Drogen- und Tablettensucht, Spielsucht, Internet- / Onlinesucht, posttraumatischer Stress u. Ä.). Bereits bei der Vorstellung der Kursangehörigen wird überaus deutlich, dass die Belastungen im Alltag eines US-Polizisten denen eines Beamten aus Baden-Württemberg in keiner Weise nachstehen.

Um 09:30 Uhr folgt das erste Fitnessassessment der Section 2, zunächst werden an zahlreichen Stationen verschiedene Grundparameter erfasst (Größe, Gewicht, Beweglichkeit und vieles mehr). Anschließend geht es zum ersten Mal auf den 440 Yard – Track, der für die Meile insgesamt vier Umrundungen bedarf. Das Feld startet geschlossen, es bildet sich jedoch schnell eine Fünfergruppe heraus, die in etwa dasselbe Tempo läuft. Dieser Gruppe angehörend entbrennt ein harter Zweikampf zwischen Matt Gatzke und mir, den ich auf den letzten fünf Metern schließlich für mich entscheide – 06:30 Min. stehen am Ende auf der Uhr von FBI-Fitnesstrainer E. J. O’Malley, nachdem ich die Ziellinie als Sectionerster überquere. Die Qualifikationszeit zur Teilnahme an der Yellow – Brick – Road – Challenge ist damit geschafft.

Nach der Challenge ist die Zeit knapp, ich verzichte auf das Mittagessen und unterhalte mich stattdessen mit meiner Familie. Während ich um 12:00 Uhr an meinem Rechner sitze, isst Deutschland zu Abend – es ist und bleibt komisch. Um 12:30 Uhr starten die Classes des Nachmittages, los geht es mit Overview over Forensic Sciences for Police Administrators & Managers. Verantwortlicher Supervising Special Agent ist Charles „Buddy“ McGinnis Jr., seines Zeichens Program Manager of Forensic Science Training. Das Curriculum ist durchaus beeindruckend: Evidence Response Team Unit, Major Crime Scene Management, Underwater Evidence Program, Forensic Video Analysis, Besichtigung des FBI Laboratory und unzählige Fallstudien (O. J. Simpson – Case, Spurensicherung nach 09.11., Spurensicherung nach den Space Shuttle – Katastrophen, Boston-Marathon-Anschläge, etc.) wollen bewältigt werden.

Die Vorlesungen schließen mit Stressmanagement in Law Enforcement, der Kurs wird von PhD Jean Garner Larned sehr unterhaltsam eingeführt. Er liebt Filme, hat trockenen Humor und kommt aus Texas – eine überaus wirkungsvolle Mischung.

Direkt im Anschluss an die Vorlesung findet das International Welcome Dinner statt. Hierbei werden ausschließlich die Internationals sowie deren Roommates seitens der NA zu einem Essen eingeladen, das sehr hochrangig flankiert wird. In unserem Fall spricht kein geringerer als Andrew McCabe die Begrüßungsworte, der ab Februar 2016 FBI-Direktor James Comey als Deputy zur Seite stehen wird. Alle Internationals sind aufgefordert, sich selber, ihr Land und ihren dienstlichen Hintergrund in einer Table Speech zu (re)präsentieren. Neben den Internationals und deren Roommates sind außerdem wesentliche Teile des NA-Stabes sowie Mr. McCabe zugegen, sodass eine optimale Ausgangsbasis für den länderübergreifenden, fachlichen Austausch gegeben ist. Der Abend endet mit einem nicht minder interessanten Austausch im Boardroom, bei dem deutlich wird, dass zahlreiche US-Amerikaner entweder selber (dienstliche oder familiäre) Bezüge nach Deutschland haben, oder aber zumindest schon mal dort waren.

14. – 16.01.2016

Die Zeit rast an mir vorbei. Der gesamte Tag ist vollständig durchorganisiert, die Meinung der Internationals ist stets gefragt und man befindet sich sehr häufig im Mittelpunkt des Interesses der amerikanischen Mitstudenten. Die Vorlesungen am Donnerstag beginnen mit Critical Incident Leadership: Crisis Negotiations, als Mitglied der Leitung der Verhandlungsgruppe Stuttgart ergeben sich für mich zahlreiche Erkenntnisse und Parallelen zu den entsprechenden Planungen/Einheiten in Deutschland. Interessant ist insbesondere die Art und Weise der Erfassung sowie die sich daraus ergebenden Auswertungsmöglichkeiten von Fällen, in denen Krisenverhandler in den USA zum Einsatz kamen. Wie in Deutschland handelt sich bei den Mitgliedern der Verhandlungsgruppen um Kolleginnen und Kollegen, die im Nebenamt tätig sind, jedoch landesweit zentral vom FBI ausgebildet (der Kurs ist mit zwei Wochen sogar eine Woche kürzer als die Grundausbildung in Baden-Württemberg) sowie technisch und taktisch betreut werden.

Der Vormittag findet seine Fortsetzung mit Emotional Intelligence und ihrer Bedeutung für erfolgreiches Führen. Ich bin gespannt, was auf mich zukommt, die Dozentin – Marian „Beth“ Coleman – verspricht viel Interaktivität sowie zahlreiche Übungen. Zur Administration ihres Kurses verwendet sie die Onlineplattform der University of Virginia (kurz UVA), die seit über 40 Jahren eng mit der NA kooperiert. Da die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) praktischerweise ein ganz ähnliches System benutzt, fällt es mir leicht, mich dort zurecht zu finden. Die Zusammenarbeit mit der UVA ist insbesondere für die NA-Studenten von Interesse, die aktuell einen Masterstudiengang belegen (was eine durchaus erwähnenswerte Anzahl auch tatsächlich tut), denn es besteht die Möglichkeit, sich eine gewisse Anzahl Credits auf ein Masterstudium in den USA anrechnen zu lassen (da ich einen Master of Arts der DHPol habe und nicht gedenke, in die USA auszuwandern, verzichte ich auf weitere Erkundigungen hierzu). Die UVA betreibt auf dem Campus der FBI Academy sogar ein eigenes Büro, wo Fragen rund um das Curriculum und die Wandlung der Credits beantwortet werden.

Der Nachmittag setzt sich fort mit Leading At-Risk Employees sowie Stressmanagement in Law Enforcement, bereits nach kürzester Zeit fahren die Dozenten bildlich gesprochen ein atemberaubendes Tempo, ich muss mich sehr konzentrieren, um den vielen englischen Dialekten der Redner folgen zu können und ich fühle mich wie einst an den Polizeiakademien des Landes und im Bund. Abends findet ein erneutes Section-Meeting statt, bei dem ich erfahre, dass der Pool der Akademie für die nächsten Monate geschlossen sein wird. Pech (…oder Glück 🙂 ??) – Die Blue Brick Road (34 Meilen Schwimmen, es handelt sich dabei um die Entfernung von Quantico nach Washington auf dem Potomac) wird in der 263. Session damit nicht angeboten.

Am 15.01.2016 ist die erste Woche des Lernens um 17:00 Uhr beendet. Ich hatte inzwischen alle Dozenten und habe nun auch einen Überblick über die vorzulegenden Leistungsnachweise – Insgesamt knapp 20 Thesis papers bis zu zehn Seiten Länge, drei Präsentationen, ein Multiple-Choice-Test (True/False), eine Buchkritik, mehrere praktische Übungen und zwei Fieldtripps sind bis zur Graduation am 18.03.2016 vorzulegen bzw. erfolgreich zu absolvieren. Nicht, dass einem hier langweilig würde….

Um möglichst zeitnah so viel wie möglich fertig zu bekommen fange ich am Freitag an, die zwei umfangreichsten Papiere zu schreiben – Am Samstag Abend um 22:00 Uhr liegen zwei fertige Papiere von insgesamt 15 Seiten Länge auf dem Tisch und ich bin schon zumindest ein wenig freier!

Am Freitag Abend fahre ich mit Jeremy zum Einkaufen nach Stefford – Walmart hat all das, was man in dem kleinen PX in der FBI Academy nicht bekommt. Bei Buffalo Wild Wings werde ich in interessanten Gesprächen in die Geheimnisse der Policestation in Webster/Texas eingeweiht (www.cityofwebster.com).

Deputy Director Andrew McCabe.

17.01.2016

Der Sonntag beginnt zeitig um 07:45 Uhr und um kurz nach acht stehe ich auf dem Laufband, wo ich sechs Meilen laufe. Nach einem guten Brunch fahre ich mit Jeremy nach Springfield, um von dort aus mit der Metro weiter nach Washington zu gelangen. Über die Haltestellen Pentagon, Arlington Cemetery (der Grabstätte John F. Kennedys) und vorbei an der National Mall gelangen wir zum L’Enfant Plaza, von dort sind es nur noch wenige Meter. Das Museum ist sehr spektakulär, kostet keinen Eintritt und beherbergt eine Vielzahl einzigartiger Exponate. In den USA ist man stolz auf die Luft- und Raumfahrtgeschichte sowie deren Bedeutung für die Entwicklung des Landes, das merkt man hier sehr deutlich. Das Original der Apollo 11 – Kommandokapsel kann dort ebenso besichtigt werden wie Charles Lindbergh‘s Flugzeug Spirit of St. Louis (erste Atlantiküberquerung am 20./21.05.1927) oder das SpaceShipOne, mit dem 2004 der erste private Weltraumflug gelang.

Um 17:30 Uhr sind wir wieder zurück auf der Marinebasis und in der FBI Academy, die erste Woche geht zu Ende.

Fazit:

Ich habe mich gut eingelebt und bin sehr herzlich sowie neugierig aufgenommen worden. Die Rahmenbedingungen sind perfekt und ich bin gespannt, was die zweite Woche an der NA bringen wird!

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